Im ersten Yama geht es im Wesentlichen darum, dir selbst und anderen Lebewesen keinen Schaden zuzufügen und achtsam, liebevoll und besonnen zu handeln. Dabei ist nicht nur gemeint, andere Menschen nicht körperlich zu verletzten, sondern auch sehr besonnen mit Worten und Taten zu agieren und auch auf die Gedanken zu achten. Ahimsa im Umgang mit Tieren meint eine friedvolle Ernährung und natürlich umfasst Ahimsa auch einen bewussten Umgang mit der Natur – die Grundlage allen Lebens!
Pantanjali schreibt in seinem Sutra über Ahimsa:
„Wer fest verankert ist in der Gewaltlosigkeit, in dessen Umgebung schwindet die Feindschaft.“
Es wird schnell deutlich, das alleine diese erste „Empfehlung“ für viele Menschen eine große Herausforderung im Alltag darstellt … Dennoch lohnt es sich, immer wieder hinzuschauen und sich auf diesen Weg zu begeben, auch wenn es zwischendurch mal „Ausfälle“ und „Rückschritte“ geben mag.
Wenn es auch nicht sofort gelingen mag, den eher schwierigen Mitmenschen immer wohlwollend und mit einem Lächseln zu begegnen, direkt auf eine vegane oder zumindest vegetarische (gewaltfreie) Ernährung umzusteigen, kein Plastik mehr zu kaufen etc., so zählen auch die kleine Schritte. Und je bewusster und achtsamer wir werden, desto friedfertiger können wir in allen Belangen agieren.
Ahimsa: sei freundlich zu dir selbst
Ahimsa meint aber auch, dass wir uns selbst gegenüber freundlich und versöhnlich sein sollen. Viele Menschen neigen dazu, ständig an sich selbst rumzumäkeln. Es wird Zeit, diese übertriebenen Selbstverurteilungen einmal abzulegen und sich selbst herzlich und liebevoll in den Arm zu nehmen. Und wenn der innere Kritiker doch wieder mal Krawall macht – und das wird er – dann versuche, dies achtsam wahzunehmen, dich selbst anzustupsen und dann lasse den Krawallbruder ziehen. Mache dir immer wieder bewusst machen, was wirklich wichtig ist und dann geht es weiter. Freundlich motivierend und nicht destruktiv anklagend.
Ahimsa auf der Yogamatte
Und genau so können wir Ahimsa auf der Matte üben. Indem wir erstmal anfangen, liebevoll mit uns selbst umgehen und versuchen, eine mental und körperlich „gewaltfreie“ Yogapraxis zu erfahren.
Es ist in allen Punkten wichtig, erstmal bei uns zu schauen. Wenn wir es schaffen, uns selbst gegenüber freundlich, wohlwollend, großzügig, versöhnlich etc. zu sein, dann gelingt uns das im Umgang mit anderen Menschen auch bzw. viel leichter.
Wenn ich eins mit mir selbst bin, habe ich im Außen nicht mehr viel zu mäkeln bzw. kann ganz anders agieren.
Ahimsa: akzeptiere, was ist
Ein wesentlicher Schlüssel zu Gewaltlosigkeit und Friedfertigkeit liegt in der Akzeptanz dessen, was sich im Außen zeigt.
Das ist nicht immer ganz leicht, denn wir Menschen neigen dazu, bei mentalen „Verletzungen“ automatisch zum Gegenangriff über zu gehen – oft „nur“ verbal, manchmal auch handgreiflich. Beides kann zutiefst verletzen – eine Endlosschleife ….
Achtsamkeit ist so wichtig, um diesen Autopiloten und damit den Kreislauf zu durchbrechen:
Mit Hinblick auf die steigende Fremdenfeindlichkeit mag diese Aussage für den einen oder anderen ignorant klingen – aber damit ist nicht gemeint, dass ich nichts dagegen tun kann und wegschauen soll! Nur nicht aus blinder Wut heraus handeln und agieren, denn Gewalt – in welcher Form auch immer- kann niemals mit Gewalt gelöst werden, nur mit Liebe. Leo Leo Tolstoi bringt es auf den Punkt:
Gewalt mit Gewalt bekämpfen heißt, neue Gewalt an die Stelle der alten setzen.
Ahmisa im Alltag
Wie bekomme ich es nun hin, Ahimsa im Alltag zu kultivieren?
Der wichtigste Schlüssel – und das gilt für alle Yamas und Niyamas – ist Achtsamkeit und damit verbunden natürlich auch die Selbstreflexion. Insofern ist oft der Einstieg in den achtgliedrigen Yogapfad über die Asana- oder Pranayama-Praxis leichter, um so am Ende mehr Bewusstheit und Sensibilität für die Yamas und Niyamas zu bekommen.
Achtsamkeit ist ein aufmerksames Beobachten, ein Gewahrsein, das völlig frei von Motiven oder Wünschen ist, ein Beobachten ohne jegliche Interpretation oder Verzerrung. (Jiddu Krishnamurti)
Auch hier gilt es, nicht zu selbstkritisch zu sein. Fange irgendwo an – jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Je mehr Gefühl du für diesen Weg bekommst, desto mehr wird sich auflösen. Alles auf einmal zu wollen, ist kontraproduktiv.
Folgende Meditationen und Übungen finde ich persönlich sehr schön, um mehr Friedfertigkeit in mein Leben zu bringen:
Metta-Meditation – Meditation der liebenden Güte
Die Metta-Meditation ist – wie die Gleichmuts-Meditation – eine der ältesten Formen buddhistischer Meditationen.
Diese Meditationsform ist so gedacht, dass man die in diesem Fall Freudlichkeits-Sätze für sich und auch für andere rezitiert. Möge ich …, mögest du …, möget ihr … Hierbei kann man sich auch bestimmte Personen vorstellen. In der Regel beginnt man bei sich selbst, denn ganz wichtig ist es, diese Geisteszustände erstmal für sich zu verinneren, bevor man sie auf andere ausweitet.
Metta-Meditation nach Jack Kornfield:
Möge ich von liebender Güte erfüllt sein.
Möge ich von inneren und äußeren Gefahren frei sein.
Möge ich mich in Körper und Geist wohl fühlen.
Möge ich zufrieden und glücklich sein …
Diese Sätze können natürlich auch abgeändert werden – es sollte sich stimmig anfühlen.
Richte den Fokus während der Meditation auf dein Herz, und lasse es dabei ganz weich und weit werden.
Wenn dir danach ist, weite die Meditation auf andere Personen und / oder Personengruppen aus.
Gerade, wenn es eine Person in deinem Umfeld gibt, die du sehr liebst, die aber derzeit Probleme hat, tut es gut, ihr gedanklich die guten Wünsche zu schicken.
Gefühlstagebuch
Wenn du wütend, ängstlich oder traurig bist, wenn du merkst, dass sich irgendwo in dir Widerstand regt, halte inne und frage dich: „Wo kämpfe ich?“. Nimm der einen Moment und halte das in einem Gefühlstagebuch fest. So holst du diesen unbewussten Kampf in dein Bewusstsein, beobachtest dich und hast so die Möglichkeit, eine neue Wahl zu treffen!
Frage dich, was dieser ständige Kampf, der Widerstand mit dir macht. Wahrscheinlich wirst du bemerken, dass das enorm viel Energie kostet und dich runterzieht. Ständig mit einer Wut im Bauch durch den Tag zu gehen, zornig und missmutig oder auf der Lauer zu sein, wer dich da im Außen zu verletzen droht! Andauern in einer Verteidigungs- oder auch Angriffsposition zu sein, raubt einfach Frieden und Kraft. Spüre auch mal in den Körper, wenn du einen Widerstand spürst, und du wirst bemerken, dass er für eine unschöne körperliche Anspannung sorgt … Im Einzelfall ist es nur eine Anspannung aber die kann sich dauerhaft in schmerzhaften Verspannungen jeglicher Art, Kopfschmerzen, Migräne, Magenprobleme und vieles mehr äußern. Und das braucht kein Mensch.
Und dann frage dich innerlich, was wäre, wenn du den Widerstand loslässt. Mache dir bewusst, dass dieser Widerstand dein Ego, der uns immer wieder versucht, in Kämpfe aller Art zu verstricken. Wie wäre es, loszulassen?
In einem Gefühlstagebuch kannst du hier nochmal näher schauen und die Gefühle hinterfragen.
Bitte Lächeln
Ein Lächeln hilft immer! Versuche einmal, dich selbst morgens mit einem Lächeln zu begrüßen und mit diesem Lächeln auf den Lippen durch den Tag zu gehen. Fremde Menschen einfach mal anzulächeln und zu grüßen und auch dem grummligen Nachbarn und den mürrischen Chef einfach mal ins Gesicht zu Lächeln.
Und in diesem Zusammenhang nochmal die wundervolle einzigartige Vera F. Birkenbihl …
Die innere Güte in anderen Menschen sehen (nach Jack Kornfield)
Erkenne den inneren edlen Kern und die Schönheit in jedem Menschen (eines der wichtigsten Prinzipien buddhistischer Psychologie)
Nimm dir vor, die innere Güte von den Menschen, die dir begegnen zu sehen. Beginne mit drei Menschen täglich. Spüre ihren ursprünglichen Wesenskern, der da ist! Beginne mit Menschen, die du magst und denen du wohlgesonnen bist und weite die Praxis aus. Ziel ist es, so viele Menschen wie mit stillem, liebevollen Respekt zu behandeln, Freundlichkeit und Friedfertigkeit zu kultivieren.
So. Das war / ist eine ganze Menge :-). Suche dir das raus, was für dich passt! Wenn du selbst noch Anregungen oder Übungen zum Thema hast, schreibe sie gerne in den Kommentar!
Ich freue mich über …
Wenn dir meine Beträge gefallen, freue ich mich wirklich riesig über ein Feedback im Kommentar und auch über deinen Like Daumen meine Facebookseite. Teilen ist ebenfalls herzlichst erwünscht <3!
Eine freudvolle und friedliche Zeit uns allen!
Bis bald und Namasté!
4 Comments
Lulu
Liebe Kerstin, ich meine den Abschnitt beginnend mit „wem es nicht sofort gelingen mag…“ 🙂
Kerstin Klimenta
Liebe Lulu, das habe ich mir gedacht, aber für mich wird in diesem Absatz sehr deutlich, dass es mir darum geht, auch kleine Schritte zu gehen … Das alles auf einmal ist echt eine Hausnummer und ich möchte damit motivieren, sich von dem RIESENDING nicht abschrecken zu lassen. Jeder noch so kleine Schritt in die richtige Richtung zählt <3!
LULU
Liebe Kerstin, ein schöner Artikel zu Ahimsa! Es gibt einen Absatz darin, mit dem ich so meine Probleme habe, denn er liest sich so, als ob es das Ziel (oder meinetwegen auch EIN Ziel) von Ahimsa sei, Veganer oder wenigstens Vegetarier zu werden. Das könnte man sogar noch weitgehender interpretieren und denken“Mensch ich bin doch schon Veganer/Vegetarier, dann entspreche ich ja schon Ahimsa“.
Kerstin Klimenta
Danke liebe Lulu. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, welchen Abschnitt du meinst? In einem Punkt mache ich nur deutlich, dass auch kleine Schritte zählen. Ich wage mal zu behaupten, dass es keinem von uns möglich ist, von jetzt auf gleich Ahimsa zu leben. Wichtig ist, langsam aber sicher das Bewusstsein dafür zu kultivieren und je bewusster ich werde, desto friedfertiger werde ich auch … <3!