schuld-sind-die-anderenIch habe eine liebe Freundin, die oft einfach sehr gestresst ist. Das hat viele Gründe: zum einen machen ihre Kinder ihr mal kleinere und mal größere Sorgen, dann hat sie einen körperlich anstrengenden Job und seit vielen Jahren einen Arbeitskollegen, mit dem nicht gut Kirschen essen ist. Ich erlebe sie wirklich selten entspannt – meistens hat man das Gefühl, dass sie unter Dauerstrom steckt. Und selbst dann, wenn sie ihr Hobby ausübt, ist sie oft unzufrieden, weil es nicht so läuft, wie sie es gerne hätte. Sie reitet – wohlbemerkt.

Neulich ging es mal wieder über das Druter und Drüber und ich habe versucht, sie ein wenig runter zu holen, bis ihr dieser Satz über die Lippen kam: „Wenn die anderen sich ändern, dann ist alles gut …“

Ich glaube, sie ist mit diesem Gedanken nicht allein. Wer von uns hat sich nicht schon mal über „die anderen“ geärgert, weil die sich gerade nicht so verhalten haben, wie wir es für angemessen erachtet hätten?

Ich habe mich zum Beispiel vor garnicht allzu langer Zeit über eine Freundin geärgert, bei der ich immer das Gefühl hatte, ich würde die ganze Zeit nur geben und nichts bzw. wenig zurück bekommen. Ich habe ihr die Hand gehalten, als es ihr schlecht ging. Als es mir nicht so gut ging, war sie unpässlich. Ich habe ständig alles organisiert, über Stunden recherchiert, um bei gemeinsamen Kurztripps einen guten Kurzs in Sachen Übernachtung / Fahrt rauszuholen, damit es für sie nicht so teuer wird. Und auch ansonsten hatte ich immer mal was über. Bei unserer letzten gemeinsamen Reise ist mir dann stark aufgestoßen, als sie zum einen von mir eine halbe Rechnung für die Übernachtung für Ihre Steuern haben wollte und auch bei den Bezinkosten einfach halbe halbe machen wollte – wobei da bei einer längeren Fahrt eben auch noch andere Kosten anfallen. Letztlich waren mir die Kosten egal, es hat mich schlichtweg geärgert, dass ihr all das nicht aufgefallen ist, Als ich mit ihr Reden und das einfach mal ansprechen wollte, hat sie den Kontakt abgebrochen. Ich hatte keine Chance, ihr mitzuteilen, was mich verärgert / verletzt hat. Und natürlich hat diese Reaktion auch erstmal keine guten Gefühle bei mir hervorgerufen.

Doch statt mich in meiner Enttäuschung zu vergraben, habe ich in den Spiegel geschaut und geguckt, was ich falsch gemacht habe. Und gesehen, dass ich – unbewusst – das Gefühl hatte, nicht genug zu haben und nicht genug zu bekommen. Ich war nicht in der Lage, einfach nur aus tiefstem Herzen zu geben, ohne irgendetwas von irgendwem zu erwarten. Und war wahrscheinlich habe ich diese Erwartungshaltung auch unbewusst ausgestrahlt. Das ist wirklich nervig. Ich meine, ich muss doch geben können, ohne etwas zu erwarten und andersherum auch mal ohne schlechtes Gewissen zu haben, etwas nehmen können.

Aber oft ist es so, dass wir uns genau notieren, was wir von anderen zu Festivitäten erhalten haben und das dann bei nächster Gelegenheit mehr oder weniger 1:1 zurückgeben. Und wenn sich mal jemand erdreistet, bei den üblichen Festivitäten nicht die üblichen 25 Euro pro Person zu geben, dann ist Tratsch und Gerede vorprogrammiert.

Das ist doch furchtbar albern, oder? Jedenfalls gefiel mir mein Spiegelbild garnicht und ich fing an, einfach nur zu geben. Ich verschenke seitdem viele Dinge, versuche jeden Tag, mir wildfremde Menschen ein Lächeln zu schenken und mich so Stück für Stück frei zu machen. Das ist nicht immer leicht – manchmal kommen noch „doofe“ Gedanken, denn wenn man gibt, muss man schon damit rechnen, dass der eine oder andere auch überdemensional viel nimmt. Und sich dann eben auch nicht mehr meldet. Gut so! Denn das erwarte ich ja auch nicht mehr 😉 ….

Jedenfalls kann ich sagen, dass ich seit diesem Blick in den Spiegel für dieses Thema sensibler geworden bin und wirklich erstmal genau schaue, was ich an mir ändern kann …

Denn immer dann, wenn etwas negative Gefühle in einem hervorruft, dann hat das einen Grund und dieser liet bei uns selber. Denn es sind unsere Gedanken und Gefühle und nur wir sind in der Lage, sie dahingehend zu ändern, dass es uns gut geht!

Kerstin Klimenta