Dursey Island wird mir ewig in Erinnerung bleiben. Am südwestlichen Ende der Beara-Halbinsel liegt rund 230 Meter vom Festland entfernt Dursey – eine schnuckelige Miniinsel, die nur mit einer Seilbahn erreicht werden kann. Sie wurde 1969 erbaut in der Hoffnung, wirtschaftlichen Aufschwung für Dursey zu bringen. Die Seilbahn hat eine Kapazität von sechs Menschen, sechs Schafen oder einer Kuh.

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In den 70er Jahren brachen dann die Fangmengen der Fischer zusammen, so dass die Regierung die Umsiedlung der Bewohner aufs Festland förderte. Heute leben nur noch maximal 12 Menschen und dutzende Schafe ganzjährig auf Dursey.

Dennoch ist hier gerade in der Hochsaison jede Menge los, da Dursey Island auch so eine dieser angepriesenen Touristenattraktionen ist. Auch uns verschlug es während unserer Irlandreise in diese abgelegene Gegend. Das Datum werde ich nie vergessen, denn es war der 9. Juli – mein 45. Geburtstag.

Der Tag hatte gut begonnen – ich habe in aller Ruhe und Gelassenheit meine Gleichmutsmeditation durchgeführt und war bester Dinge.

Eigentlich wollten wir nur mal kurz gucken, denn laut Internet ist der Transport von Vieh und anderen Tieren aus Sicherheitsgründen seit einigen Jahren untersagt. Doch das war wohl eine Fehlinformation, denn Haustiere dürfen doch mitfahren. Also haben wir kurzentschlossen überlegt, doch mal kurz rüberzugondeln, wo wir schon mal „hier“ sind. Nun, vor uns waren noch einige Passagiere und so dauerte es eine knappe Stunde, bis wir an der Reihe waren. Kurz bevor wir einsteigen wollte, verriet mir mein Mann, dass der Seilbahnwächter darauf aufmerksam machte, dass sich derzeit über 100 Menschen auf der Insel befanden und man auf der Rückfahrt mit Wartezeiten rechnen müsse.

So richtig in der Laune war ich nicht, die Fahrt anzutreten, aber irgendwie konnte ich mich nicht entscheiden, das nach der langen Wartezeit jetzt abzublasen. Und vielleicht würden wir ja was ganz Besonderes verpassen ….

Die Überfahrt lief problemlos – Ben fand es etwas merkwürdig, aber er hat sich gut gehalten. Natürlich war er froh, endlich wieder Boden unter den Füßen zu haben. Wir sind eine Weile gelaufen und da die Insel von Schafen und Schafsköddel geradezu überbevölkert ist, musste Ben an der Leine bleiben. Normalerweise interessieren in Schafe nicht, aber diese Inselbewohner rochen wohl besonders gut …

Nundenn, die Insel ist wirklich schön – eben genauso schön wie die ganze Landschaft der Beara-Halbinsel. Nicht mehr und nicht weniger. Also entschlossen wir uns, nach einem kurzen Aufenthalt ganz den Rückweg anzutreten, um noch vor dem großen Ansturm wieder auf´s Festland zu kommen.

Was soll ich sagen – es blieben mir noch fast zwei Stunden, um gleichmütig der Dinge zu harren, die nicht vermeidbar waren. Man kann es sich ausrechnen: 6 Menschen passen in die Seilbahn, sie braucht für einen Weg etwa 13 bis 15 Minuten und es waren viele Menschen vor uns dran … Zudem schlug dann auch das Wetter um und es wurde ungemütlich. Richtig kalt und windig …. So ein Brrrrr-Wetter. Jedenfalls war es mit meinem Gleichmut schnell vorbei und die Ungeduld und Unruhe holte mich ein. So hatte ich mir meinen Geburtstag nicht vorgestellt. Meine Laune wurde von Minute zu Minute schlechter, Wut, Ärger und Enttäuschung gaben sich die Hand. Ich habe die alten Bekannten durchaus bemerkt, aber es ist mir nicht gelungen, sie vorzeitig zu verabschieden. Spätestens als der kalte Wind mich zum Frösteln brachte, machten sich zudem diverse Begehrlichkeiten und Wünsche breit.

Als wir dann endlich an der Reihe waren, behauptete noch ein Schweizer, er dürfe jetzt einsteigen, da ich mich zwischendurch mal für eine Weile zum Pinkeln und Meditieren zurückgezogen hatte … Ich wäre dem Typen fast ins Gesicht gesprungen – von liebender Güte war meilenweit nichts zu sehen oder zu hören …

Zum Glück konnte ich, nachdem wir wieder im Auto saßen, endlich umschalten und das Abenteuer und das Aufkreuzen der lästigen Bekannten mit Ironie und Humor annehmen und sie dann wieder in die Freiheit entlassen.

Ja, die Dursey-Seilbahn und ich haben beide satte 45 Jahre auf dem Buckel, aber während die Bahn gleichmütig und geduldig tagein tagaus irgendwelche Touris und Schafe von A nach B transportiert, muss ich noch ordentlich daran arbeiten, unabänderliches eben so hinzunehmen, wie es ist, ohne mich „aufzuregen“.

 

Wie schafft ihr es, in solchen Situationen gelassen zu bleiben?

Kerstin